Die Risiken des Geoengineerings beschäftigen die Grünen. In einer Anfrage haben sie die Bundesregierung aufgefordert, ihre Haltung zu der Technologie beschreiben…
Mit einer kleinen Anfrage wollten die Grünen klären, wie die Bundesregierung zum Geoengineering steht. Die Antwort liegt dem Tagesspiegel vorab vor. Darin äußerte sich das Forschungsministerium in großen Teilen vorsichtig oder ausweichend. Konkrete Aktivitäten zum Geoengineering plant die Bundesregierung aber offenbar nicht.
In einer Vorbemerkung zu ihren 19 Fragen weisen die Grünen auf die „vielfältigen Risiken“ von Geoengineering hin. Gemeint sind die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung durch das Einbringen von Partikeln in die Atmosphäre oder Spiegel im All (Solar Radiation Management – SRM) und das Herausziehen von Klimagasen aus der Luft (Carbon Dioxid Removal – CDR). Beide Technologien behandelt die grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung in einer Informationskampagne zum Geoengineering sehr kritisch.
Die Forschung habe grundlegende Risiken des Geoengineerings aufgedeckt, teilte die Regierung mit. Sie setze deshalb „in ihrer nationalen und internationalen Klimapolitik auf die Minderung von Treibhausgasemissionen, den Erhalt und die Verbesserung der natürlichen Senkenleistung sowie auf Anpassungsmaßnahmen“.
Aus der Antwort ziehen zwei Grünen-Parlamentarier folgende Schlüsse: „Gut, dass die GroKo nicht Gott spielen will“, teilte die Sprecherin für Klimapolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Lisa Badum, mit. Jedoch: „Wenn die Bundesregierung wirklich CO2-Emissionen reduzieren will, muss der Wirtschaftsminister aufhören, auf EU-Ebene der Bremser für Energieziele sein. Außerdem muss die Blockade zwischen Verkehrsministerium und Umweltministerium endlich zugunsten klimaschonender CO2-Regelungen bei Autos aufgelöst werden.“ Kai Gehring, Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule der Grünen, warnt: „Die Klimakrise ist schon heute dramatische Realität und wir dürfen unser Handeln nicht aufgrund spekulativer Techniken in die Zukunft verlegen.“
Aufforstung von Wäldern zählt auch zum Geoengineering
Ohne Geoengineering ist es allerdings unwahrscheinlich, unter zwei Grad Erderwärmung zu bleiben – geschweige denn unter 1,5 Grad. Das ist Stand der Wissenschaft laut Weltklimarat IPCC. Grund ist der sogenannte Overshoot: Weil aufgrund aller freiwilligen Zusagen der Staatengemeinschaft zur Emissionsminderung nicht mit radikalen Fortschritten in naher Zukunft zu rechnen ist, werden sich die Gase zunächst in der Atmosphäre anreichern und müssen irgendwann wieder entfernt werden. Je größer der Overshoot ist, desto mehr werde man auf CDR angewiesen sein, heißt es in einem geleakten Bericht des IPCC zum 1,5-Grad-Ziel, dessen endgültige Fassung im Oktober herauskommt.
Es gibt allerdings Technologien zur Klimarettung, für die der Begriff Geoengineering zum Teil irreführend ist. Dazu zählen: (Wieder)Aufforstung von Wäldern, das Erzeugen von Biokohle aus Reststoffen und ihr Einbringen in den Boden, das Herausfiltern von Kohlendioxid aus der Luft (Direct Air Capture), das Binden von Kohlenstoff durch Meerespflanzen (Blue Carbon), künstlich beschleunigte Verwitterung – sie bindet CO2, Carbon Capture and Usage, das Abscheiden und Verwenden von Kohlendioxid, Carbon Capture and Storage – das Abscheiden und Verpressen im Untergrund sowie das Erzeugen von Strom aus Biomasse mit anschließendem CCS (Bio-Energy with Carbon Capture and Storage – BECCS).
In ihrem Gutachten zum 1,5-Grad-Bericht habe die Bundesregierung darum gebeten, Minderungsoptionen klarer von Engineering-Optionen abzugrenzen, steht in der Antwort auf die Anfrage der Grünen. Außerdem habe die Regierung eine differenziertere Darstellung der einzelnen Technologien in Bezug auf Potenzial und Umsetzbarkeiten gefordert. Mit dem Erscheinen des IPCC-Berichts dürfte es also bald eine breitere Diskussionsbasis für die Einschätzung von Geoengineering geben.
Welche Regeln braucht die Technologie?
Noch völlig am Anfang steht die Debatte darüber, wie Geoengineering reguliert werden müsste. Das ergab eine Konferenz des Institute for Advanced Sustainability Studies im vergangenen Jahr. Sollte die UN-Klimarahmenkonvention um Regeln dazu erweitert werden? Sollte man die Technologien unterteilen in solche, die man als Werkzeug, nur im Notfall oder gar nicht nutzen sollte, wie der Sozialphilosoph Patrick Taylor-Smith vorschlägt? Die Carnegie Climate Geoengineering Governance Initiative (C2G2) soll genau das erforschen, Antworten gibt es aber noch nicht.