Handystrahlen erneut unter Verdacht

 FOCUS Online — Nach­rich­ten 09.01.14

Neue Stu­di­en erhär­ten alten Verdacht

Ent­wick­lung von LTE ohne Erfor­schung von Risi­ken auf die Gesundheit

Die For­scher schät­zen die Kos­ten für die Behand­lung eines ein­zi­gen Hirn­tu­mor-Pati­en­ten in den USA auf 100000 bis eine Mil­li­on Dol­lar. Die Res­sour­cen sei­en aber limi­tiert, und in ande­ren Län­dern sei­en die Behand­lungs­mög­lich­kei­ten noch viel schlech­ter. „Vie­le Regie­run­gen, Han­dy­pro­du­zen­ten und Exper­ten­grup­pen raten zur Vor­beu­gung, ein­fach indem man die Distanz zum Gerät erhöht, um die Belas­tung von Kör­per und Hirn zu mini­mie­ren“, sagt Davis. Zudem müs­se es stren­ge­re Regle­men­tie­run­gen geben. Denn Hirn­tu­mo­ren sei­en nur die Spit­ze des Eis­bergs. Der rest­li­che Kör­per reagie­re mit ande­ren Effek­ten auf die nahe­zu all­ge­gen­wär­ti­ge Strah­lung. Ange­sichts von Mil­li­ar­den Han­dy­nut­zern welt­weit stei­ge die Belas­tung aber unver­meid­lich wei­ter an.

Ende 2012 erkann­te der Obers­te Gerichts­hof Ita­li­ens in Rom in einem Urteil sogar einen ursäch­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen Han­dy­strah­lung und dem Hirn­tu­mor eines 60-jäh­ri­gen Man­nes an. Die­ser führ­te aus, er habe in einem Zeit­raum von zwölf Jah­ren täg­lich bis zu sechs Stun­den tele­fo­niert. Sein Tumor wuchs auf jener der Sei­te des Kop­fes, wo er sich das Han­dy ans Ohr hielt. Pres­se­be­rich­ten zufol­ge erwar­ten Medi­en­an­wäl­te jetzt eine Flut ähn­li­cher Kla­gen, was die Han­dy­her­stel­ler hart tref­fen könn­te. Durch die neue LTE-Mobil­funk­tech­no­lo­gie wird Strah­lung noch steigen.

Den­noch habe bis­her kei­ne Regie­rung umfas­sen­de Refor­men ange­ord­net, etwa der Grenz­wer­te, klagt die Bio­In­itia­ti­ve in ihrem Bericht. „Welt­weit unter­lie­gen alle – von den Kin­dern über die All­ge­mein­be­völ­ke­rung bis zu den Wis­sen­schaft­lern und Ärz­ten – zuneh­mend einem star­ken Druck der Wer­bung, im All­tag stets die neus­ten Draht­los­ge­rä­te anzu­wen­den“, heißt es dar­in. „Deren unklu­ger Ein­satz in Unter­richt, Woh­nun­gen, Geschäft, Kom­mu­ni­ka­ti­on und Unter­hal­tung, in medi­zi­ni­schen und bild­ge­ben­den Tech­no­lo­gien, in pri­va­ten und öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln for­dert zuneh­men­den Tri­but.“ Beson­de­re Auf­merk­sam­keit wür­den jedoch der Fötus und das Neu­ge­bo­re­ne, Kin­der mit Lern­stö­run­gen und Per­so­nen mit einer Into­le­ranz gegen­über chro­ni­schen Belas­tun­gen (so genann­te Elek­tro­sen­si­ble) erfordern.

Dabei dürf­te die Strah­len­flut künf­tig noch stei­gen, fürch­tet die Ver­brau­cher­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on „Dia­gno­se- Funk“, näm­lich durch die neue LTE-Mobil­funk­tech­no­lo­gie. Durch den Auf­bau der LTE-Net­ze sei eine Ver­dop­pe­lung der Belas­tung zu erwar­ten. Außer­dem kom­me noch die Strah­lung hin­zu, die sich aus dem Aus­bau öffent­li­cher WLAN-Net­ze erge­be. Dage­gen hat­te das von deut­schen Netz­be­trei­bern gegrün­de­te Infor­ma­ti­ons­zen­trum Mobil­funk (IZMF ) erklärt, die Belas­tung wer­de sich nur „auf nied­ri­gem Niveau“ erhö­hen. Die Ergeb­nis­se einer ers­ten Mess­rei­he stell­te das IZMF im ver­gan­ge­nen Juli vor. „Die durch LTE erzeug­ten Immis­sio­nen lie­gen in der glei­chen Grö­ßen­ord­nung wie die der älte­ren GSM- oder UMTS-Sen­de­an­la­gen “, heißt es darin.

Ein ein­zi­ges LTE-Netz erhöht die Strah­len­be­las­tung um 40 Prozent

Die sei „pure Schön­fär­be­rei“ kon­tert die Dia­gno­se-Funk. Denn allein durch den Betrieb eines ein­zi­gen LTE- Net­zes sei die Strah­len­be­las­tung im Mit­tel um 40 Pro­zent gestie­gen. Die Mobil­funk-Betrei­ber wür­den zudem ver­schwei­gen, dass LTE ohne eine ein­zi­ge Unter­su­chung der Aus­wir­kun­gen auf Umwelt und Gesund­heit ent­wi­ckelt wur­de. Selbst die Bun­des­re­gie­rung bestä­ti­ge dies in einer Druck­sa­che. Auch das Bun­des­amt für Strah­len­schutz sieht bei LTE „noch For­schungs­be­darf für mög­li­che Aus­wir­kun­gen auf Kin­der … und im Bereich der Langzeitwirkung.“

Trotz die­ser Risi­ken wer­de die Bevöl­ke­rung einem unkon­trol­lier­ten Feld­ver­such mit stän­dig stei­gen­der Strah­len­be­las­tung aus­ge­setzt, meint Dia­gno­se-Funk-Vor­stand Jörn Gut­bier. Des­halb sei eine Poli­tik der Auf­klä­rung und Strah­lungs­mi­ni­mie­rung unver­zicht­bar. „Eine effek­ti­ve Schutz­po­li­tik ist mög­lich, ohne dabei auf eine gute und flä­chen­de­cken­de Mobil­funk­ver­sor­gung zu ver­zich­ten“, betont Gut­bier. „Auf jeden Fall brau­chen wir kei­ne zwölf par­al­lel betrie­be­nen Mobil­funk­net­ze.“ Statt­des­sen müs­se eine gesund­heit­lich unbe­denk­li­che Daten­über­tra­gung ein­ge­führt werden.

Alter­na­ti­ve durch opti­sches WLAN

Die könn­te es tat­säch­lich bald geben, denn welt­weit arbei­ten For­schungs­in­sti­tu­te an einer Alter­na­ti­ve. Es han­delt sich um ein opti­sches WLAN, das mit dem Licht von Leucht­di­oden arbei­tet. Sein Vor­teil ist, dass mehr Wel­len­län­gen zur Ver­fü­gung ste­hen als für eine Funk­über­tra­gung. Aller­dings gibt es auch Nach­tei­le: Für ein Funk-WLAN ver­sorgt ein Sen­der die gan­ze Woh­nung. Ein opti­sches WLAN benö­tigt dage­gen einen Sen­der in jedem Raum. Aber auch hier gibt es eine Lösung: Als Sen­der könn­te die Lam­pe die­nen, die für die Beleuch­tung sorgt. Die Daten kämen dann über die Stromleitung.

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Die Risi­ken der Han­dy­strah­lung auf die Gesund­heit sind seit Jah­ren Diskussionsthema