der Freitag- Politik Filmbesprechung vom 22.10.2012

Holger Strohm: »Friedlich in die Katastrophe«

Anti-Atom-Film Spä­tes­tens seit der Atom­re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma schien die Atom­ener­gie­er­zeu­gung tot zu sein. Ein Film nach dem Buch von Hol­ger Strohm warnt und mahnt dennoch. 

 

Foto: Abo­de of Cha­os / Flickr (cc)

Nach der Atom­re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma infol­ge eines vor­an­ge­gan­ge­nen Erd­be­bens schie­nen auch die hart­nä­ckigs­ten Befür­wor­ter der Atom­ener­gie zumin­dest zu Beden­ken­trä­gern hin­sicht­lich die­ser Form der Elek­tro­en­er­gie­ge­win­nung gewor­den zu sein. Sogar Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel (CDU) woll­te nun plötz­lich und uner­war­tet zu die­sen gezählt wer­den. In Wirk­lich­keit dürf­te die Regie­rungs­chefin nicht ganz frei­wil­lig umge­schwenkt bzw. umge­fal­len sein. Obgleich die stu­dier­te Phy­si­ke­rin Mer­kel auch schon vor­her um die Gefah­ren der Atom­ener­gie hät­te wis­sen müs­sen. War­um also auf­ein­mal aber­mals einer die­ser Schwenks,  für die die Dame Mer­kel berüch­tigt ist? Die nach Jah­ren der rela­ti­ven Ruhe nach Fuku­shi­ma wie­der gro­ßen Zulauf erhal­ten haben­de Anti-AKW-Bewe­gung ist ein Grund. Ein ande­rer die Ableh­nung der Atom­kraft in der Bevöl­ke­rung. Bei­des zusam­men dürf­te Ange­la Mer­kels Sin­nes­wan­del aus­ge­löst haben.  Also nun alles in But­ter? Atom­kraft ein für alle­mal tot? So ein­fach in es nicht. Die Atom­kraft ver­fügt nicht nur in Japan über eine mäch­ti­ge und ein­fluss­rei­che Lob­by.  Es ist bekannt, dass dort Poli­ti­ker in die Atomn­wirt­schaft wech­seln und von da wie­der zurück auf die  Regie­rungs­bank. In der BRD sind über die Jahr­zehn­te Unsum­men an Steu­er­gel­dern in die Atom­wirt­schaft geflos­sen. Geht es jedoch um die Ent­sor­gungs­kos­ten in Sachen Atom­müll, für den es hier­zu­lan­de nach wie vor kein geeig­ne­tes End­la­ger gibt, darf der Steu­er­zah­ler aber­mals blu­ten. Die atom­freund­li­chen Ener­gie­kon­zer­ne sind nur für die Pro­fi­te zuständig.

Die Mär vom bil­li­gen und siche­ren Atomstrom

Das von Poli­tik und Atom­lob­by wie­der und wie­der befeu­er­te jahr­zehn­te­lan­ge Gere­de vom bil­li­gen Atom­strom war und ist eine Mär. Rech­ne­te man näm­lich wirk­lich alle real bei des­sen Pro­duk­ti­on ent­ste­hen­de Kos­ten  zusam­men, wür­de das über­deut­lich. Eine ande­re Mär – näm­lich die von den siche­ren Atom­kraft­wer­ken – in min­des­tens seit der Reak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl wider­legt. Seit Fuku­shi­ma ist auch das über­heb­li­che Gere­de von der ach so tol­len Sicher­heit west­li­cher Atom­kraft­wer­ke gegen­über denen aus Osten Maku­la­tur. Auch sau­ber ist die­ser Atom­strom natür­lich nicht. Heu­te ist eine Bevöl­ke­rungs­mehr­heit in Deutsch­land gegen die Atom­kraft. Vor vier­zig Jah­ren sah das noch ganz anders aus. Aber auch da gab es schon Kri­ti­ker der Atom­kraft. Doch die hat­ten es ver­dammt schwer. Sie wur­den nicht nur aus­ge­lacht, son­dern auch hart­nä­ckig bekämpft.

Hol­ger  Strohm schrieb bereits vor über vier­zig Jah­ren eine Kernkraft-Kritik

Als einer jener Atom­ener­gie­kri­ti­ker hier­zu­lan­de trat der 1942 in Lübeck gebo­re­ne Hol­ger Strohm auf den Plan. Der stu­dier­te Fer­ti­gungs­tech­ni­ker schrieb bereits 1971 über die Gefah­ren der Atom­ener­gie. Der Titel des 1360 Sei­ten umfas­sen­den Sach­bu­ches: „Fried­lich in die Kata­stro­phe“. Der His­to­ri­ker Joa­chim Rad­kau beschei­nig­te ihm, dass das Sach­buch einen „erheb­li­chen Niveausprung in der bun­des­deut­schen Kern­kraft-Kri­tik“ dar­stell­te (Wiki­pe­dia). Doch der qua­si zu früh gebo­re­ne Atom­ener­gie­kri­ti­ker konn­te sein Buch bei kei­nen Ver­lag unter­brin­gen. Strohm bekam 80 Ableh­nun­gen. Strohm blieb nichts ande­res übrig als sein Buch zunächst im Pri­vat­druck und dann im anar­chis­ti­schen Klein­ver­lag „Asso­cia­ti­on“ zu ver­öf­fent­li­chen. Laut Wiki­pe­dia wur­den von der 1981 bei Zwei­tau­send­eins erschie­ne­nen Neu­aus­ga­be zügig 130.000 Exem­pla­re verkauft.

Für sei­ne kri­ti­sche Unbe­quem­lich­keit muss­te Hol­ger Strohm viel einstecken

Strohm, das 1978 aus der SPD aus­ge­schlos­se­ne SPD-Mit­glied, war Spit­zen­kan­di­dat der Bun­ten Lis­te — Wehrt Euch bei den Wah­len zur Ham­bur­gi­schen Bür­ger­schaft. Inter­es­sant zu wis­sen: der Erzie­hungs­wis­sen­schaft­ler Peter Struck woll­te Strohms Pro­mo­ti­on nicht betreu­en. Strohm ging des­halb 2002 an die Uni­ver­si­tät Bre­men zu Johan­nes Beck. Es brauch­te Jah­re des War­tens und oben­drein eine Kla­ge bis Strohm end­lich sei­ne Pro­mo­ti­ons­ur­kun­de in Hän­den hal­ten konn­te. Sein Pro­mo­ti­ons­ver­fah­ren wur­de 2006 erfolg­reich abge­schlos­sen. Das Bre­mer Ver­wal­tungs­ge­richt hat die  frisch­ge­ba­cke­ne Eli­te-Uni dazu ver­ur­teilt (Az. 6 K 32109). In sei­ner Dis­ser­ta­ti­on arbei­te­te Strohm über Leh­rer­ge­walt. Bis Strohm die Urkun­de erhielt, ver­gin­gen­al­ler­dings  noch ein­mal sechs Jah­re: Im Som­mer 2012 – zu des­sen 70. Geburts­tag – war es dann end­lich soweit. Für sei­ne Unbe­quem­lich­keit hat der Atom­kraft­kri­ti­ker Hol­ger Strohm schon viel  ein­ste­cken müs­sen im Leben. Sogar sei­ne Fami­lie wur­de  schon bedroht wor­den. Wes­halb Strohm sich eini­ge Jah­re nach Por­tu­gal zurückzog.

Über vier­zig Jah­re nach dem Buch nun der Film

Über vier­zig Jah­re nach­dem Hol­ger Strohm sein atom­kri­ti­sches Buch zu schrei­ben begon­nen hat­te, ist nun ein gleich­na­mi­ger Film her­aus­ge­kom­men. Der Doku­men­tar­film ent­stand bereits vor der Atom­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma. Er benö­tig­te drei Jah­re Vor­ar­beit und wur­de im Stu­dio Ham­burg pro­du­ziert. Als Ein­spre­che­rin für den Film konn­te die Schau­spie­le­rin Eva Mat­tes gewon­nen wer­den. Vie­le Stu­den­ten arbei­te­ten ehren­amt­lich dar­an mit. Regie führ­te Mar­cin El. Das half unge­mein. Schließ­lich ist ein sol­cher Film sehr teu­er. Es gelang das Bud­get für die 120 Minu­ten bei 100.000 Euro zu hal­ten. Green­peace unter­stütz­te die Pro­duk­ti­on mit der Zulie­fe­rung von Film­aus­schnit­ten. Ande­re Film­schnip­sel kamen von deut­schen Fern­seh­sen­dern. Sen­den, ver­kün­de­te Hol­ger Strohm anläss­lich einer Vor­pre­mie­re des Doku­men­tar­films am 22. Sep­tem­ber im Aba­ton-Kino in Ham­burg (via You­tube, Mölln-TV), wer­den den Film  aller­dings wohl weder die Öffent­lich-Recht­li­chen noch die Pri­va­ten. Der Befund: Zu kri­tisch. Eben­falls wur­de der Film nicht ins das Netz der Film­ver­lei­her auf­ge­nom­men. Wo leben wir eigent­lich? Den­noch wird der Film »Fried­lich in die Kata­stro­phe« hier und da sicher­lich doch auf die Lein­wand kom­men. Es gibt eben noch enga­gier­te Betrei­ber von Licht­spiel­häu­sern. Men­schen die­ses Schla­ges ver­die­nen aus­drück­lich das Lob unse­rer Gesell­schaft. Und Mund-zu-Mund-Pro­pa­gan­da sorgt für Publi­ci­ty. Bis auf eini­ge Zei­tun­gen ver­schwie­gen die gro­ßen Medi­en die­sen Doku­men­tar­film bis­lang. Wes­halb die­se Angst?  Setzt man dar­auf, dass ohne Pro­mo­ti­on die­ses an sich wich­ti­gen Films nur die alten Käm­pen der Anti-AKW-Bewe­gung in die Vor­füh­run­gen kom­men, die brei­te Mas­se aber davon fern­ge­hal­ten wird?

Hol­ger Strohm zur Lage: Es ist schon fünf Minu­ten nach zwölf

Das nun ver­film­te Haupt­werk Strohms „Fried­lich in die Kata­stro­phe“ hat sei­ner­zeit in Buch­form der Anti-Atom­kraft-Kri­tik der Umwelt- und Frie­dens­be­we­gung und nicht zuletzt den jun­gen Grü­nen ab 1971 wesent­li­che Argu­men­te wider die Atom­kraft an die Hand gege­ben. Übri­gens wol­len die längst stramm eta­blier­ten, von ihren heh­ren eins­ti­gen Zie­len heu­te weit ent­fern­ten Grü­nen, von die­sem Film nichts wis­sen. Ein mög­li­cher Grund dafür: Man will ja mal wie­der ans Regie­rungs­ru­der. Und muss auf­pas­sen mit wem man sich vor­her anlegt.  Ein­zig Green­peace unter­stütz­te den Film. Auf der Vor­pre­mie­re in Ham­burg hört man einen Green­peace-Ver­tre­ter den Film lobend  sagen: Wir selbst hät­ten ihn so nicht machen kön­nen. Wir hät­ten die Gemein­nüt­zig­keit ver­lo­ren [sic!]. Hol­ger Strohm sagt auf die Fra­ge, mit wel­chem Gefühl die Leu­te aus dem Film her­aus­ge­hen sol­len: „Dass sie was tun müs­sen. Dass es fünf Minu­ten nach zwölf ist. Und dass , wenn wir nichts tun prak­tisch unse­re eige­nen Kin­der und Kin­des­kin­der aus­rot­ten.“ Müss­te das Kino nach der Atom­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma nicht strö­mend voll sein, fragt Mölln-TV.  Dar­auf Strohm: Dass sei eben ver­ges­sen und ver­drängt. So sind halt die Leu­te.  „Nur wenn, wie gesagt,  der Arsch brennt, krie­gen sie ihn hoch. Und danach schläft alles wie­der ein. Und wird ein­ge­lullt, ja, ganz bewusst.“  Strohm meint offen­bar damit auch  die Medi­en, wel­che nach dem Mot­to arbei­ten: Aus den Augen, aus dem Sinn. So ist die Rea­li­tät wohl zutref­fend beschrieben.

Ex-Staats­se­kre­tär Micha­el Mül­ler: Jahr­hun­dert des tota­len Umbaus oder Dezi­vi­li­sie­rung der Menschheit

Der eins­ti­ge Umwelt­staats­se­kre­tär der eins­ti­gen rot-grü­nen Bun­des­re­gie­rung Micha­el Mül­ler, der 2008 das Vor­wort zu Strohms Buch „Gaia weint“ schrieb, sagt im Film über die Atom­tech­no­lo­gie: „Was momen­tan pas­siert in im Grun­de genom­men, dass Flug­zeu­ge gestar­tet wer­den, wo kei­ne Lan­de­bah­nen da sind.“

Mül­ler sagt eben­falls: „Des­halb ist die­ses Jahr­hun­dert vor dem wir ste­hen ent­we­der ein Jahr­hun­dert des tota­len Umbau­es oder ein Jahr­hun­dert der Gewalt, der Ver­tei­lungs­kon­flik­te. Und ich wür­de sagen, der Dezi­vi­li­sie­rung der Men­scheit. Das ist die Alter­na­ti­ve vor der wir heu­te ste­hen.“ Die­se sich unter­des­sen auch und beson­ders vor dem Hin­ter­grund der Finanz- und Euro­kri­se bit­ter an der Rea­li­tät mes­sen kön­nen­den Sät­ze des eins­ti­gen Umwelt­staats­se­kre­tärs sind alar­mie­rend. In beun­ru­hi­gen­der Wei­se erin­nern sie an die mah­nen­de Pro­phe­zei­hung des vor kur­zen ver­stor­be­nen His­to­ri­kers Eric Hobs­bawm. In einem Stern-Inter­view sag­te Hobs­bawm, es droh­ten wie nach der letz­ten Welt­wirt­schafts­kri­se 192930 womög­lich blu­ti­ge Kämp­fe oder gar ein neu­er Welt­krieg. Die Wahl also zwi­schen Pest und Cho­le­ra: Atom­ka­ta­stro­phe oder das krie­ge­ri­sche Ver­gie­ßen von viel Blut? Der Mensch hat die Wahl. Er kann sich für die Ver­nunft ent­schei­den. Dafür müss­te der Mensch jedoch, wie Hol­ger Strohm in Bezug auf das in sei­nem Doku­men­tar­film beacker­te The­ma Gefah­ren der Atom­kraft sagt, end­lich etwas tun. Denn es ist – schwer dem Man­ne zu wider­spre­chen – gewiss längst fünf nach zwölf!

Hol­ger Strohm in Ken­zin­gen: »Sicher­heit exis­tiert nur in der Einbildung.“

Bei einer ande­ren Auf­füh­rung des Films in den prä­mier­ten Ken­zin­ger Löwen-Licht­spie­len sag­te der Atom­kraft­geg­ner und Schrift­stel­ler über die Atom­kraft­ge­fah­ren: »Wir sägen prak­tisch an jedem Ast, auf dem wir sit­zen – und ver­gif­ten die Wur­zeln gleich mit.« Leu­ten, die trotz der all­mäh­lich wie­der in Ver­ges­sen­heit gera­te­nen Atom­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma noch immer dar­an glau­ben, die Men­scheit habe die Atom­ener­gie pro­blem­los unter Kon­trol­le, schreibt Strohm das Fol­gen­de ins Stamm­buch: »Sicher­heit exis­tiert nur in der Ein­bil­dung.“ Auch die­sen Zahn zieht er Ewig­gest­ri­gen und von der Atom­lob­by Beein­fluss­ten: Von einer fried­li­che Nut­zung der Atom­kraft kön­ne kei­ne Rede sein.

Schon wird der Film anonym verunglimpft

»Fried­lich in die Kata­stro­phe« wird als eine mah­nen­de Film­do­ku­men­ta­ti­on ange­kün­digt, die auf dem vor über vier­zig Jah­ren von Dr. Hol­ger Strohm geschrie­be­nen Sach­buch fußt. Ein Mani­fest gegen jeg­li­che Nut­zung der Atom­kraft. Die im wesent­li­chen den Herr­schen­den und Kapi­tal­in­ter­es­sen ver­pflich­te­ten Medi­en wer­den aus den hier schon genann­ten Grün­den wohl kaum für den „zu kri­ti­schen“ Film wer­ben. Statt­des­sen bekommt Hol­ger Strohm anony­me Mails. Dar­in wird er beschimpft oder behaup­tet der Film stüt­ze sich auf Ver­schwö­rungs­theo­rien bzw. ver­brei­te wel­che. Wie Strohm auf Zuschau­er­nach­fra­ge im Ham­bur­ger Kino ant­wor­te­te, ver­mu­tet er dahin­ter den »Ver­fas­sung­schutz oder von ihm Bezahl­te«. Strohm sind die­se Anfein­dun­gen nicht fremd. Frü­her, erklärt er, habe man ihn Kom­mu­nist gezie­hen, heu­te wer­de er in die Nähe der Brau­nen gerückt.  Das Ziel frü­her wie heu­te: Dif­fa­mie­rung sei­nes atom­kri­ti­schen Wer­kes sowie sei­ner Per­son.  Dar­an, dass man Hol­ger Strohm  Ver­schwö­rungs­theo­rien vor­wirft, ist  er womög­lich selbst nicht ganz unschul­dig. Er hat näm­lich ein­mal behaup­tet, dass gewis­ser­ma­ßen die USA am Hun­ger in Nord­ko­rea schuld sei­en. Strohm macht soge­nann­te Chem­trails dafür ver­ant­wort­lich. Die­se wür­den zur Mani­pu­la­ti­on des Nie­der­schla­ges benutzt, um eine Dür­re auszulösen.

Auf­ge­ge­ben hat die Atom­lob­by gewiss nicht: Mit einem AKW kann man ein Mil­li­on Euro am Tag verdienen

Wie frü­her befürch­tet Strohm auch heu­te wie­der – und das viel­leicht nicht ganz falsch, dass hin­ter jedem Stein den man ihm in den Weg legt, die weit rei­chen­den Arme der Atom- und Ener­gie­lob­by oder ihnen höri­ge Behör­den ste­cken. Fakt ist aber: Obwohl unmit­tel­bar nach der Atom­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma die Atom­kraft tot zu sein schien, auf­ge­ge­ben hat die Atom­lob­by gewiss nicht. Ver­ständ­lich, wenn man weiß, mit nur einem ein­zi­gen Atom­kraft­werk lässt sich spie­lend eine Mil­li­on Euro am Tag verdienen.

Hol­ger Strohm hat dem Umwelt­schutz zu grö­ße­rer Auf­merk­sam­keit verholfen

Was die Gefah­ren der Atom­kraft anbe­trifft — aner­kann­te Fach­leu­te haben das längst bezeugt – sind indes Hol­ger  Strohm kei­ner­lei Unsau­ber­kei­ten oder das Stri­cken von „Ver­schwö­rungs­theo­rien“ vor­zu­wer­fen. Was für Buch und glei­cher­ma­ßen den Film gilt. Strohm ist bekannt als jemand der stets Ross und Rei­ter zu nen­nen pflegt. Das tat vor über vier­zig Jah­ren weh. Und es wird gewis­sen Krei­sen auch heu­te wie­der weh­tun. Wes­halb die ihre Trup­pen nun aber­mals  gegen ihn mobi­li­sie­ren. Hol­ger Strohm hat gro­ße Ver­diens­te dar­an, dass der Umwelt­schutz hohe Auf­merk­sam­keit erfuhr. Einst gelang es ihm Poli­ti­ker wie den kana­di­schen Pre­mier Pierre Tru­deau oder den spä­ter einem Atten­tat zum Opfer gefal­le­nen schwe­di­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Olof Pal­me für sein Anlie­gen zu gewinnen.

Der Film wird nicht zu ver­hin­dern, allen­falls zu behin­dern sein

Die­sen Film soll­ten wir – wo man ihn denn zu sehen bekommt – anschau­en und sich eine eige­ne Mei­nung bil­den. Es kann ganz sicher auch nicht scha­den sich Hol­ger Strohms vor Jahr­zehn­ten geschrie­be­nes Buch zu Gemü­te zu füh­ren. Das fand damals zunächst kei­nen Ver­lag. Wie der Film heu­te kei­nen Ein­gang ins Netz der Ver­lei­her fin­det. Weil zu kri­tisch. Damals wie heu­te. Ein Skan­dal für eine demo­kra­ti­sche, sich auf­ge­klärt geben­de Gesell­schaft. Damals wie heu­te. Heu­te aller­dings in Zei­ten des Inter­nets und Kanä­len wie etwa You­Tube dürf­te es nicht so ein­fach sein, die­sen wich­ti­gen Doku­men­tar­film zu ver­hin­dern. Allem­falls mag es hier und da gelin­gen ihn zu behin­dern. Den­noch wird das Stück so oder so sicht­bar wer­den. Die Netz­ge­mein­de und Bür­ger­jour­na­lis­ten soll­ten über den Doku­men­tar­film infor­mie­ren. Schließ­lich ist die Gefahr — auch wenn es nach Fuku­shi­ma so schei­nen mag — die von Atom­kraft­wer­ken und Atom­waf­fen aus­geht kei­nes­wegs ver­schwun­den, noch klei­ner gewor­den. Im Film gibt es auch Infor­ma­tio­nen über heim­tü­cki­sche Mikro­wel­len­ka­no­nen. Das soge­nann­te ADS (Activ Deni­al Sys­tem). Der Kaba­ret­tist Georg Schramm erklärt die­se zynisch  »Mas­sen­schutz­waf­fen« gehei­ße­nen mobi­len Mikro­wel­len­ka­no­nen oder auch als  »Silent Guar­din« (hier erklärt in einem Arti­kel von Jacob Jung)  bekannt gewor­de­nen  Sys­te­me  hier (via You­Tube).

Es ist immer­hin lobens­wert, dass die­se Film­pro­duk­ti­on auch Unter­stüt­zung von deut­schen Fern­seh­an­stal­ten erfuhr. Nicht hin­nehm­bar ist hin­ge­gen, dass die­sel­ben Sen­der die­sen Film offen­bar nicht austrah­len wol­len. Wir Gebüh­ren­zah­ler soll­ten das den Öffent­lich-Recht­li­chen gebüh­rend deut­lich machen. Vor­erst soll­ten enga­gier­te Kino­be­trei­ber in die Bre­sche sprin­gen. Wie es  in Ham­burg und Ken­zin­gen bereits gesche­hen ist.

Nach der Atom­ka­ta­stro­phe von Fuku­shi­ma mag die Zahl Beden­ken­trä­ger die­ser Ener­gie­er­zeu­gungs­art gegen­über gestie­gen sein – auch Ange­la Mer­kel hat sich geschickt gewen­det und unter sie gemischt – indes: Die Atom­lob­by hat längst nicht auf­ge­steckt. Ein Grund: die Hoff­nung auf eine Fort­schrei­bung der Garan­tie eines fast anstren­gungs­lo­sen Wohl­stan­des für die Atom­in­dus­trie sei­tens Schwarz-Gelb.  Zu die­sem Behu­fe macht man den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern ganz gern schon ab und an mal Angst vor einem dro­hen­den Blackout.

Aktu­el­le Auf­füh­rungs­ter­mi­ne des bri­san­ten Anti-Atom-Films

Hier geht es zum Bericht von TV-Mölln von der Ham­bur­ger Vor­pre­mie­re von »Fried­lich in die Kata­stro­phe (You­Tube)

Das Sach­buch:

Hol­ger Strohm 

Fried­lich in die Katastrophe

Eine Doku­men­ta­ti­on über Atomkraftwerke

Mit einem aktu­el­len Vor­wort von Micha­el Müller

Der Stern nann­te das Buch  »die Bibel der Anti-Atomkraft-Bewegung«

Neu­aus­ga­be
Bro­schiert, 1360 Seiten,
reich­hal­tig illustriert
€ (D) 19,90
€ (A) 20,50

ISBN 978−3−89401−748−4

Erschie­nen August 2011

Friedlich In Die Katastrophe