Was erwartet die Ukraine nach dem Krimfall

Vom russischen Ökonom Michail Hasin

Es gibt ein paar ein Dinge, die vom größten Teil der Menschen, welche die Situation erklären, nicht verstanden werden. In erster Linie muß man folgendes verstehen: Die Ereignisse in der Ukraine und im Nahen Osten und viele andere Dinge, sind Folgen einer einzigen Ursache.
Diese Ursache ist der Zerfall des ökonomischen Systems von Bretton – Woods.
Dieses System funktionierte in der westlichen Welt von 1944 bis 1988 und ab 1991 in der ganzen Welt. Und jetzt hat dieses System aufgehört zu funktionieren.
Im Rahmen des Bretton – Woods Systems gab es einen Mechanismus. Das war die Umverteilung der Emissionsgelder. Dieses Geld bekamen verschiedene Länder in Abhängigkeit davon, wie diese sich in das Weltsystem der Arbeitsverteilung eingebettet haben. Die Länder, deren Hauptressource Öl war, Länder wie Saudi Arabien, Norwegen und teilweise Russland etc., bekamen etwas mehr Geld. Länder deren Hauptressource die Landwirtschaft war, bekamen etwas weniger Geld. Solche Länder wie die in Afrika, haben praktisch überhaupt nichts bekommen. Dennoch hat das Bretton – Woods System funktioniert. Dieses System ist jetzt zu seinem natürlichen Ende gekommen. Ich werde jetzt hier nicht erklären warum das System zu seinem Ende gekommen ist. Aber das System hat eindeutig aufgehört zu funktionieren.
Dementsprechend haben alle Länder welche in das System eingebaut waren Probleme bekommen. Die Probleme fingen in den USA, der EU und in Russland an. Dazu kommt noch je kleiner das Land im ökonomischen Sinne ist, desto mehr Probleme hat es.
Wenn wir uns die Probleme der Ukraine anschauen, sieht es folgendermaßen aus: Ich beschreibe die Situation aus meiner Sicht, aus der Sicht eines Ökonomen. Präsident Janukovitsch versteht, dass die ökonomische Situation des Landes sehr schlecht ist und es nicht klar ist,wie man aus der Situation heraus kommen kann. Seine Hauptaufgabe, die er sich selbst gestellt hat ist es, sein Geld im Westen zu legalisieren. Deswegen will er unbedingt, dass die Ukraine mit der EU assoziiert wird. Eigentlich möchte die ganze Oligarchie der Ukraine eine Assoziierung mit dem Westen. Für das Volk der Ukraine ist das eindeutig ein Weg in die Sklaverei. Und den Oligarchen ist es eindeutig egal.
Als Resultat mischt sich Russland mit einem einzigen Schritt ein und macht einen Strich durch die Pläne Janukovitschs. Die Pläne für die Assoziierung sind erstmal außer Sicht. Als Folge machte Janukovitsch zwei Schritte für die Schwächung des Druckes aus Russland:
Schritt 1: Er veranstaltet die Maidan – Proteste und sagt zu Moskau: „Das Volk hat sich versammelt und ist ungeduldig, deswegen werde ich innerhalb von 3 Monaten die EU – Assoziierung unterschreiben.“
Schritt 2: Er fährt nach Peking und macht dort irgendeine Vereinbarung. Wir wissen ganz genau dass er eine Vereinbarung über den Bau eines Tiefseehafens auf der Krim gemacht hat. Es gibt eine Begründung zu sagen, dass in der Vereinbarung die Einreise einer sehr großen Anzahl von chinesischen Arbeitern für den Bau des Hafens und dessen Unterhaltung enthalten war.

 

Die Information, dass er von den Chinesen dafür 15 Milliarden Dollar bekommt, ist ein Gerücht. Dafür gibt es keine genaue Quelle. Die Informationen über den Hafen ist aber (in Russland) recht bekannt.
Janukovitsch kommt aus Peking zurück und da tauchen auf dem Maidan die Schlägertrupps auf. Man weiß ganz genau dass diese von den pro-westlichen Oligarchen finanziert und von den amerikanischen Ausbildern angeleitet wurden.
Insgesamt sieht man, dass das was geschieht, von den USA bestimmt wird. Das sieht man ganz gut in dem Gespräch von Frau Nuland, oder daran, wer in Kiew an die Macht kam etc.
Die USA haben aber ihre eigenen Probleme. Für sie gibt es einen Zeitpunkt X. Nach dem Überschreiten dieses Punktes hört es für sie vollständig auf, die Situation kontrollieren zu können. Dieser Zeitpunkt ist der Sturz des amerikanischen Fondmarktes.
Wenn sie die Pressekonferenz mit der neuen Chefin der FED Janet Yellen anschauen, welche vor etwa zwei Wochen stattfand, sagte sie dort, dass der Leitzins der USA zum Ende des Jahres 2015 bei etwa 2,5%  liegen werde. ( Heute liegt er bei 0% ). Bei den heutigen Schulden der USA kann der Leitzins nicht angehoben werden. Erst wenn der Sturz auf dem Fondmarkt passiert und die Schulden abgeschrieben sind, kann man der Leitzins anheben. Sie hat uns eigentlich klar gesagt, dass das Weltfinanzsystem bis Ende 2015 überladen wird.
Ab diesem Zeitpunkt wird das Weltfinanzsystem nicht mehr nur vom Dollar abhängen.
Deswegen müssen die USA bis zu diesem Zeitpunkt X etwas in der Welt veranstalten, damit sich keine neuen alternativen Zentren bilden können. Wir sehen jetzt schon was sie alles machen. Sie versuchen die ganze Zeit das Freihandelsabkommen in der EU durchzudrücken.
Wenn sie das realisieren, dann wird Westeuropa schnell deindustriealisiert werden. Das ist das gleiche, was Anfang der 90er Jahre in Osteuropa und in den Baltik- Staaten geschehen ist. Wenn es passiert wird dieses Territorium (d.h. Westeuropa ) unter die direkte Kontrolle der USA fallen. Aus diesem Grunde gehen die kontinentalen Eliten von Europa sehr aktiv dagegen vor.
In diesem Fall d.h. jedes Mal wenn Washington und Brüssel über das Freihandelsabkommen sprechen, tauchen neue Enthüllungen von Snowden auf. Die prinzipielle Hauptaufgabe der USA ist es in der Krise von 2015 alles zu tun, damit die Märkte Europas nicht unter die Fittiche Chinas fallen.
Wozu braucht China den Tiefseehafen auf der Krim?!
Die Krim sollte der neue westliche Punkt der berühmten Seidenstrasse werden. Dadurch würde China seine Waren nach Westeuropa liefern. Dieser Weg bis zur Krim sollte in keinem einzigen Punkt durch die USA kontrolliert werden. Jede Meeresenge wird durch amerikanische Militärbasen kontrolliert. Aber in diesem Fall kontrollieren die Amerikaner nur noch die Ukraine ( und ab 2015 nicht mehr ).
Und deswegen ist es zum Konflikt zwischen den beiden gekommen.
Deswegen muß ich immer schmunzeln, wenn in diesem Fall über die Hand Moskaus gesprochen wird. Wir sehen und verstehen, dass die Informationen welche der Öffentlichkeit gegeben werden, wenig mit der Realität zu tun haben.
Wir verstehen, dass sich die Situation in der Ukraine zum Ende des Jahres 2014 stabilisieren wird. Man hört auf über die „russische militärische  Bedrohung“ zu reden. Es wird klar werden, dass die USA und die EU kein bisschen Geld geben werden. Und in diesem Punkt kommt die Frage auf: Was soll die Ukraine machen um ihre Staatlichkeit weiter behalten zu können. Und hier wird klar werden, dass die einzige Überlebenschance die es gibt, die Beziehung mit der (östlichen) Zollunion ist. Eine andere ökonomische Quelle gibt es nicht.

 

Weil die Ukraine während der vergangenen 20 Jahre vom Dollar gelebt hat. Wenn auch wenige Dollars da waren, war sie dennoch irgendwie in das Dollarsystem integriert

Wenn aber das Dollarsystem nicht nur für die Ukraine sondern für alle verschwindet, gibt es theoretisch nur noch zwei Finanzquellen für die Ukraine: Das ist der Euro und der Rubel.
Die EU wird kein Geld geben, weil nach dem Fondsturz das Lebensniveau der EU-Bürger stark fallen wird und sie werden alles Geld für sich benötigen. Also bleibt nur der Rubel. Die Ukraine wird so oder so in die Zollunion eintreten müssen.
Das ist ungefähr das gleiche wie die Beziehung des Südbalkans mit der Türkei. Alle Völker des Balkan hassen die Türken, aber alle sind ökonomisch von den Türken abhängig (Griechenland, Serbien, Bulgarien etc.) Einen anderen ökonomischen Weg gibt es nicht.
Ich möchte sie darauf aufmerksam  machen, dass es die letzten 4000 Jahre dort immer wieder zur Bildung von ökonomischen Zentren gekommen ist und diese ganzen Länder waren immer alle zusammen in einem Zentrum, ob es ihnen gefiel oder nicht. Das ist das Weltbild in welchem wir uns befinden. An dieser Stelle würde ich jetzt nicht zuviel über den Machtkampf in Kiew nachdenken. Und überall die Erfindungen wie die der „ russischen Militärbedrohung“ und den amerikanischen Erfindungen. Ich würde dazu anregen sich zu überlegen, welches zukünftige Modell die Ukraine für die ökonomische Entwicklung haben könnte.
Ein paar Worte zur Entwicklung der russischen Krim: Herr Schoigu wird die Flotte wieder herstellen. Jemand wird die Landwirtschaft auf Vordermann bringen. Das Thema des Schiefergases wird auch in den Vordergrund kommen. Und das wichtigste Thema ist das der Bevölkerung. Man muß zusehen, dass ein Teil des sozialen Budgets für die Infrastruktur der Tourismuseinrichtungen der Krim ausgegeben wird. Damit es dem nicht so wohlhabenden Teil der russischen Bevölkerung ermöglicht wird, dort Urlaub zu machen. Damit im Endeffekt die Krim davon profitieren kann. Wenn das mit dem Budget klappt und in jedem Jahr 7-8 Millionen Menschen auf der Krim ihren Urlaub machen werden, wird es dort wirtschaftlich keine Probleme geben.